Drei SyNergy-Mitglieder erhalten ERC Advanced Grant

Dieter Edbauer
ALS und FTD sind neurodegenerative Erkrankungen mit schwerwiegenden Folgen und letztlich tödlichem Verlauf: Während ALS zu Lähmungen führt, äußert sich FTD durch Verhaltensänderungen und Sprachstörungen. Aktuelle Therapien können manche dieser Auswirkungen mildern, aber eine Heilung ist derzeit nicht möglich. Darüber hinaus gibt es Mischformen mit überlappenden Symptomen. Viele Fälle aus diesem Spektrum von Erkrankungen sind erblich bedingt, dabei zeigen sich in der Erbsubstanz DNA auffällige Gemeinsamkeiten. Am häufigsten sind Mutationen in einem Gen namens C9orf72. Bei diesen Patienten wiederholt sich eine kurze DNA-Sequenz, also bestimmte genetische Bausteine, hunderte oder tausende Male.
Edbauer und sein Team haben herausgefunden, dass diese ungewöhnlichen Wiederholungen im Erbgut – man nennt sie auch „Repeats“ – die Produktion toxischer Proteine bewirken. „Gemeinsam mit einem Industriepartner forschen wir an einer Impfung gegen diese schädlichen Eiweißstoffe. Unsere Studien legen nahe, dass es noch einen weiteren Krankheitsmechanismus geben könnte. Konkret vermute ich, dass DNA-Reparaturmechanismen, die eigentlich vor Krebs schützen sollen, irrtümlicherweise den Tod von Nervenzellen auslösen. Mit der Förderung des ERC möchte ich dieser Spur nachgehen“, sagt Edbauer.
Sein Team wird diese Reparaturvorgänge und deren potenziell fatalen Konsequenzen unter die Lupe nehmen: „Ich erwarte von diesem Projekt nicht nur Einblicke in die Mechanismen von ALS und FTD mit C9orf72-Mutation sowie neue Ansätze für die Therapie. Ich erhoffe mir auch Erkenntnisse über weitere Nervenerkrankungen“, sagt Edbauer. „Repeats im Genom treten auch bei über 50 anderen Erkrankungen wie etwa dem Morbus Huntington auf. Die Ergebnisse aus unserem Projekt können weitreichende Folgen für das Verständnis und die Therapie solcher Repeat-Erkrankungen haben.“
Dieter Edbauer ist Professor für Translationale Neurobiochemie an der LMU und Neurowissenschaftler am Münchner Standort des DZNE.
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Thomas Korn
Die Thymusdrüse ist eine Art T-Zellen-Schule. Dort werden unter den Vorläufern dieser Immunzellen diejenigen aussortiert, die später einmal körpereigene Zellen attackieren würden. Thomas Korn und sein Team haben herausgefunden, dass dazu auch andere Immunzellen, die B-Zellen, beitragen: Sie präsentieren den T-Zellen sogenannte Autoantigene und tragen dazu bei, dass T-Zellen, die diese als Bedrohung interpretieren, aussortiert werden. Treten in diesem Prozess Fehler auf, können Autoimmunerkrankungen entstehen – etwa Neuromyelitis optica, bei der das Autoantigen AQP4 fälschlicherweise als Bedrohung erkannt wird. Im Projekt BREAKING BAD will Thomas Korn die Mechanismen dahinter noch genauer untersuchen. Insbesondere wollen die Forschenden herausfinden, ob es durch vergleichbare Fehler dazu kommen kann, dass sich T-Zellen vermehren, die das Autoantigen Amyloid Vorläufer Protein (APP) als Bedrohung sehen. Dies wäre eine mögliche Erklärung für das Entstehen von Erkrankungen wie Alzheimer. Könnten man diese Prozesse beeinflussen, würden sich völlig neue Möglichkeiten für die Diagnose und Entwicklung neuer Therapien ergeben.
Thomas Korn ist Professor für Experimentelle Neuroimmunologie am Klinikum der Technischen Universität München (TUM Klinikum).
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Christian Weber
Atherosklerose ist die wichtigste Ursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die weltweit die häufigste Todesursache darstellen. Christian Weber konnte nachweisen, dass ein mikro-RNA-Schnipsel namens miR126-5p vor Atherosklerose schützen kann, indem er im Zellkern das Enzym Caspase-3 bindet und inaktiviert, welches den programmierten Zelltod einleitet. Damit entdeckte Weber eine völlig neue Funktion von mikro-RNAs, von denen man bis dahin annahm, dass sie typischerweise im Zytoplasma agieren und in einem Silencing-Komplex Boten-RNAs unterdrücken oder abbauen. Vermittelt wird der neue Signalweg durch das RNA-bindende Protein MEX3A, das nun im Fokus von Webers ERC-Projekt MONOFUN-CV steht.
In seinem Projekt nimmt Weber MEX3A als Ausgangspunkt, um diese neu entdeckten nicht-kanonischen miRNA-Mechanismen mit seinem Team systematisch zu untersuchen. Ziel ist es, die zellspezifischen Funktionen von MEX3A bei der Atherosklerose im Mausmodell zu erforschen sowie in Analogie genetische Risikofaktoren beim Menschen zu identifizieren. Mithilfe verschiedener Screenings wollen die Forschenden weitere miRNAs finden, deren Wirkung durch MEX3A vermittelt wird, sowie andere Proteine, die direkt durch miRNAs reguliert werden, und die strukturellen Mechanismen für die Funktion von MEX3A aufklären. Zu den Zielen des Projekts gehört es auch, die direkten Wechselwirkungen zwischen miR-126-5p und Caspase-3 zu analysieren – inklusive ihrer biologischen Relevanz in vivo – und systematisch nach weiteren funktionellen miRNA-Protein-Paaren zu suchen, die als Vorlage für neuartige RNA-basierte Therapeutika dienen können.
Langfristig könnten diese Erkenntnisse neue Einblicke in nicht kanonische Mechanismen von miRNAs ermöglichen und neue therapeutische Ansätze eröffnen – nicht nur für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern auch für andere Krankheitsbilder.
Christian Weber ist Direktor des Instituts für kardiovaskuläre Prävention am Universitätsklinikum der LMU, wo er Lehrstuhlinhaber und Professor für Gefäßmedizin ist.
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